Symptome
Die depressive Störung / "Depression" (depressive Episode
nach ICD-10) ist charakterisiert durch die Symptomverbindung von
* Antriebshemmung, zu der
auch eine Denkhemmung gehört,
* Stimmungseinengung,
* innere Unruhe und
* Schlafstörungen.
Diese Schlafstörungen sind Ausdruck eines gestörten
24-Stundenrhythmus. Häufig geht es dem Kranken in den frühen Morgenstunden
so schlecht, dass er nicht mehr weiter schlafen kann. Liegt diese Form des
gestörten Biorhythmus vor, fühlt sich der Patient am späten
Nachmittag und Abend jeweils besser, bis dann einige Stunden nach Mitternacht
die depressive Symptomatik in voller Stärke wieder einsetzt.
Weniger beweisende, aber häufige Symptome sind das Gefühl der
Minderwertigkeit, Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle, Müdigkeit,
verringerte Konzentrations- und Entscheidungsfähigkeit, sinnloses Gedankenkreisen.
Regelmäßig ist das Denken verlangsamt (Denkhemmung).
Reizbarkeit
besteht oft und Ängstlichkeit. Negative Gedanken und Eindrücke
werden überbewertet und positive Aspekte nicht wahrgenommen beziehungsweise
für zufällig gehalten. Das Gefühlsleben ist eingeengt, das
sexuelle Interesse vermindert oder erloschen (Libidoverlust).
Bei einer schweren
depressiven Episode kann der Erkrankte in seinem Antrieb so gehemmt sein,
dass er nicht mehr einfachste Tätigkeiten, wie Einkaufen oder Abwaschen,
verrichten kann. Bereits das morgendliche Aufstehen bereitet dann Probleme
(Morgentief). Bei einer seltenen Krankheitsvariante verhält es sich
umgekehrt: Es tritt ein sogenanntes „Abendtief“ auf, d. h. die
Symptome verstärken sich gegen Abend und das Einschlafen ist erschwert
oder erst gegen Morgen möglich.
Depressive Störungen gehen mit körperlichen Symptomen einher, sogenannten Vitalstörungen, wie Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Gewichtsabnahme, Gewichtszunahme („Kummerspeck“), häufig auch mit Schmerzen in ganz unterschiedlichen Körperregionen, am typischsten mit einem quälenden Druckgefühl auf der Brust.
Während einer depressiven Episode ist die Infektionsanfälligkeit erhöht.
Je nach Schwere einer Depression kann sie mit latenter oder akuter Suizidalität einhergehen. Es wird vermutet, dass der größte Teil der jährlich zirka 12.000 Suizide in Deutschland auf Depressionen zurückzuführen ist.
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Diagnose
Eine genaue Diagnose wird aufgrund der Komplexität von psychischen
Erkrankungen oft erst vom Experten, das heißt vom psychologischen Psychotherapeuten
oder Psychiater gestellt.
Verbreitete Diagnosewerkzeuge sind die Hamilton-Depressionsskala (HAMD), das Beck-Depressionsinventar (BDI) und das Inventar depressiver Symptome (IDS).
Mitunter wird eine Depression von einer anderen Erkrankungen überdeckt und nicht erkannt.
In der ICD-10 fallen Depressionen unter dem Schlüssel F32.- und werden als „depressive Episode“ bezeichnet.
* F32.0 Leichte depressive Episode [Der Patient fühlt sich krank und
sucht ärztliche Hilfe, kann aber seinen beruflichen und privaten Pflichten
gerade noch gerecht werden].
* F32.1 Mittelgradige depressive Episode [Berufliche oder häusliche Anforderungen
können nicht mehr bewältigt werden].
* F32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome [Der Patient
bedarf ständiger Betreuung. Eine Klinik-Behandlung wird notwendig, wenn
das nicht gewährleistet ist].
* F32.3 Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen [Wie F.32.2,
verbunden mit Wahngedanken, z. B. absurden Schuldgefühlen, Krankheitsbefürchtungen,
Verarmungswahn u.a.].
* F32.8 Sonstige depressive Episoden
* F32.9 Depressive Episode, nicht näher bezeichnet
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Verbreitung
Die Depression ist die am häufigsten auftretende psychische Erkrankung.
Das Bundesgesundheitsministerium schätzt, dass vier Millionen Deutsche
von einer Depression betroffen sind und dass gut zehn Millionen Menschen
bis zum 65. Lebensjahr eine Depression erlitten haben. Aber die Zahlen schwanken.
Das hängt zum einen mit der hohen Dunkelziffer zusammen (viele Depressionen
werden nicht als solche erkannt) und zum anderen mit der Definition der Krankheit.
Der britische NHS erklärt in einer großangelegten Informationskampagne
hingegen, dass fast jeder Mensch in seinem Leben mindestens einmal an Depression
leide. Diese Kampagne richtet sich insbesondere an Männer, die sich
ihrer Krankheit meist schämen, diese verheimlichen und so nicht die
nötige Hilfe erhalten.
Bei Frauen werden Depressionen im Durchschnitt doppelt so oft wie bei Männern diagnostiziert. Dies kann auf eine verstärkte genetische Disposition von Frauen zur Depression hinweisen, aber auch mit den unterschiedlichen sozialen Rollen und Zuschreibungen zusammenhängen, da deutlich mehr Männer an meist depressionsbedingten Suiziden sterben als Frauen. Bei Männern können sich Depressionen auch anders ausdrücken als bei Frauen, da sie aber durchschnittlich seltener in ärztliche Behandlung gehen und weniger über sich erzählen, kommt dies oft nicht zur Kenntnis.
In den vergangenen Jahren wurde in den entwickelten Ländern ein starker Anstieg der depressiven Erkrankungen beobachtet, ganz besonders in den hoch industrialisierten Ländern. Die Ursachen dafür sind noch unklar, häufig wird jedoch der Stress in der Gesellschaft (in Form von gestiegener Beanspruchung und Unsicherheit durch die persönliche und berufliche Situation) mit verantwortlich gemacht. So wurde zum Beispiel nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine schlagartige Zunahme von Depressionen und Suiziden in vielen osteuropäischen Staaten beobachtet. Eine weitere Ursache mag sein, dass die Stigmatisierung der Depression in den letzten Jahren weitgehend überwunden wurde und die Patienten heute häufiger ärztliche Behandlung suchen. Dies würde auch mit den Statistiken für Suizid übereinstimmen, nach denen im Jahre 1980 noch 18.000 Deutsche jährlich durch Suizid das Leben verloren, während es im Jahre 2000 nur noch 12.000 waren.
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Unterschiedliche Formen
Die älteren Bezeichnungen unterscheiden zwischen endogene Depression
(endogen bedeutet aus sich selber heraus), die ohne erkennbare Ursache auftritt
(und bei der auch eine genetische Mitverursachung vermutet wird), neurotische
Depression – oder auch Erschöpfungsdepression – (verursacht
durch länger andauernde belastende Erfahrungen in der Lebensgeschichte)
und reaktive Depression – als Reaktion auf ein aktuell belastendes
Ereignis.
Gegenwärtig ist das deskriptiv (beschreibend) ausgerichtete Diagnose-Schema nach ICD-10 in der psychiatrischen Wissenschaft verbindlich. Es trennt lediglich zwischen depressiven Episoden und rezidivierenden depressiven Störungen. Die Schwere der Depression wird mit leicht, mittelgradig, schwer und schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen bezeichnet (vgl. "Diagnose"). Dysthymia steht für die chronifizierte Depression.
Depressive Reaktion (ICD-10) ist die frühere reaktive Depression.
Bei der selteneren bipolaren affektiven Störung erkrankt der Patient im Wechsel an Depression und Manie. Die frühere Bezeichnung dieses Krankheitsbildes lautete manisch-depressive Erkrankung. In abgeschwächter, aber über Jahre sich hinziehender Ausprägung werden diese bipolaren Schwankungen Zyklothymia genannt.
Die Winterdepression oder sisonal-abhängige Depression (SAD) ist eine depressive Episode, die durch Mangel an Sonnenlicht ausgelöst wird.
Die Bezeichnung Altersdepression ist überflüssig, da sich eine depressiven Episode im Alter nicht von der in jungen Jahren unterscheidet. Allerdings erkranken Ältere häufiger an einer Depression als Jüngere.
Bei etwa 10 % der Frauen kommt es nach einer Geburt zu einer postpartalen Depression, für die hormonelle Ursachen vermutet werden.
Eine Sonderform der Depression ist die anaklitische Depression (Anaklise = Abhängigkeit von einer anderen Person) bei Babys und Kindern, wenn diese allein gelassen oder vernachlässigt werden. Die anaklitische Depression äußert sich durch Weinen, Jammern, anhaltendes Schreien und Anklammern und kann in psychischen Hospitalismus übergehen.
Die somatisierte Depression (auch maskierte oder larvierte [bezogen auf eine Larve] Depression genannt] ist eine depressive Episode, die mit körperlichen Beschwerden einhergeht: Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Beklemmungen in der Brustregion - hier sind die unterschiedlichsten körperlichen Symptome möglich als „Präsentiersymptome“ einer Depression.
Organische Depression nennt man depressive Symptome, die durch eine körperliche Erkrankung hervorgerufen werden (z. B. durch eine Hypothyreose), durch Schilddrüsenfunktionsstörungen, Hypophysen- oder Nebennierenerkrankungen. Nicht zur organischen Depression zählen Depressionen im Gefolge von Hormonellen Umstellungen, zum Beispiel nach der Schwangerschaft oder in der Pubertät.
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Ursachen
Die Ursachen, die zu einer Depression führen, sind noch nicht vollständig
aufgeklärt. Es ist wohl, wie bei vielen Erkrankungen, von einer Multikausalität
auszugehen: Biologische Faktoren, entwicklungsgeschichtliche Erlebnisse,
aktuelle Ereignisse können eine Rolle spielen. Von Fall zu Fall muss
geklärt werden, wo jeweils das Schwergewicht liegt.
Genetische Ursachen
Familien-, Zwillings- und Adoptionsstudien belegen eine
genetische Disposition für Depression. Zwillingsstudien zeigen, dass im Vergleich zu Effekten
der gemeinsamen familiären Umgebung genetischen Faktoren eine entscheidende
Bedeutung zukommt. [1] So sei das Risiko für Kinder, bei denen ein Elternteil
depressiv erkrankt ist, bei 10–15%, ebenfalls zu erkranken und bei
vorhandener Erkrankung beider Elternteile von 30–40%.
Die Zwillingsstudien zeigen umgekehrt auch, dass die genetische Komponente nur ein Teilfaktor ist. Selbst bei identischer genetischer Ausstattung (eineiige Zwillinge) erkrankt der Zwillingspartner des depressiven Patienten in weniger als der Hälfte der Fälle. Beim Entstehen einer Depression spielen immer auch Umweltfaktoren eine Rolle. Darüber, wie die mögliche genetische Grundlage der Depression allerdings aussehen könnte, besteht keine Einigkeit. Einvernehmen herrscht nur darüber, dass es ein isoliertes „Depressions-Gen“ nicht gibt.
Zu bedenken ist, dass zwischen genetischen Faktoren und Umweltfaktoren komplizierte Wechselbedingungen (Genom-Umwelt-Kovarianz) bestehen können. So können genetische Faktoren z.B. bedingen, dass ein bestimmter Mensch durch eine große Risikobereitschaft sich häufig in schwierige Lebenssituationen manövriert. [2] Umgekehrt kann es von genetischen Faktoren abhängen, ob ein Mensch eine psychosoziale Belastung bewältigt oder depressiv erkrankt.
Konkrete genetische Befunde bei der unipolaren Depression
Ein wesentlicher
genetischer Vulnerablitätsfakor für das Auftreten
einer Depression wird in einer Variation in der Promotorregion des Serotonin-Transportergens
5-HTTLPR vermutet.
5-HTTLPR steht dabei für Serotonin (5-HT) Transporter (T) Length (L) Polymorphic (P) Region (R). Das Gen befindet sich auf dem Chromosom 17q11.1–q12. Es kommt in der Bevölkerung in unterschiedlichen Formen vor (sogenannter „unterschiedlicher Längenpolymorphismus“ mit einem sogenannten „kurzen“ und einem „langen Allel“). Träger des kurzen Allels reagieren empfindsamer auf psychosoziale Stressbelastungen und haben damit ein unter Umständen doppelt so großes Risiko (Disposition), an einer Depression zu erkranken, wie die Träger des langen Allels. Zudem soll das Gen für den Serotonin-Transporter auch die Entwicklung und die Funktion eines wichtigen Emotionsschaltkreises zwischen Amygdala (Mandelkern) und dem vorderen subgenualen cingulären Cortex beeinflussen. Dabei wird diskutiert, dass bei den Trägern des kurzen Allels die physiologische „Bremsfunktion“ des Gyrus cingulus auf die stressbedingten „negativen“ Angstgefühle in den Mandelkernen nicht ausreichend stattfinden kann. Da die negativen Gefühle somit nicht ausreichend gedämpft werden können, komme es schließlich zu einer depressiven Stimmung [3] [4] (vgl. auch Imaging Genetics).
Weitere Kandidatengene, die mit dem Auftreten von Depressionen in Verbindung gebracht werden, codieren Enzyme bzw. Rezeptoren, die ebenfalls vor allem im Serotoninstoffwechsel eine wichtige Funktion innehaben: hierzu gehören der Serotoninrezeptor 2A (5-HT2A), die Tyrosinhydroxylase (TH) und die Tryptophanhydroxylase 1 (TPH1). Auch die Catechol-O-Methyltransferase (COMT; katecholaminabbauendes Enzym) scheint mit dem Auftreten von Depressionen assoziiert zu sein[5].
Neurobiologische Faktoren
Als gesichert gilt, dass bei jeder bekannten Form
der Depression das serotonale und/oder noradrenale System gestört ist, das heißt, der Spiegel
dieser Neurotransmitter ist zu hoch oder zu niedrig, oder die Resorption/Reizbarkeit
der Synapsen ist verändert. Unklar ist jedoch, ob die Veränderung
des Serotoninspiegels eine Ursache oder eine Folge der depressiven Erkrankung
ist.
Im Blut und Urin von Depressiven lassen sich in der Regel überhöhte Mengen des Stresshormons Kortisol nachweisen.
Depression als Ausdruck von Maladaptation an chronischen Stress
Chronischer
Stress führt über eine andauernden Stimulation der
sogenannten Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HHN-Achse) zu einer übermäßigen
Ausschüttung von Glucocorticoiden ins Blut. Bei Depressiven lassen sich überhöhte
Mengen des Stresshormons Kortisol im Blut und Urin nachweisen. Deshalb wurde
schon früh ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Depressionen
und Stress vermutet.
Die Steuerung der Glucocorticoidsekretion erfolgt zentral durch die sogenannten parvozellulären neurosekretorischen Neuronen aus dem Nc. paraventrikularis des Hypothalamus. Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH), das von diesen Neuronen gebildet wird, stimuliert zunächst die Bildung und Ausschüttung des adrenocorticotropen Hormons (ACTH) aus der Adenohypophyse. Dieses wiederum führt über eine Aktivierung der Nebennierenrinde zu einer Ausschüttung von Gluco- und Mineralocorticoiden. Die bei Depressionen beschriebene Dysregulation der HHN Achse zeigt sich in einer erhöhten basalen Sekretion von ACTH und Cortisol, in einer verminderten Suppression von Cortisol im sogenannten Dexamethason Hemmtest und in einer verminderten ACTH Sekretion nach Gabe von CRF.
Relativ neu ist die Erkenntnis, dass durch die erhöhte Ausschüttung von Glucocorticoiden bei Stress empfindliche Regionen des Gehirns selbst geschädigt werden können. Besonderes Interesse findet in diesem Zusammenhang in der neueren Forschung der zum limbischen System gehörende Hippocampus. Störungen der kognitiven Verarbeitungsprozesse bzw. der Gedächtnisleistungen, wie sie auch bei Depressionen vorkommen, lassen sich funktionell dieser Formation zuordnen. Sie korrelieren mit einer erhöhten Konzentration von Glucocorticoiden in dieser Region als Folge von chronischen Stresseinflüssen. Glucocorticoide scheinen dabei verantwortlich zu sein für die z.B. deutliche „Ausdünnung“ von Dentriten in den Pyramidenneuronen dieser Formation (Regression der apikalen Dentriten in der CA3 Region). Wie neuere MRT-Untersuchungen zeigen, kann es bei Depressionen aufgrund dieser Veränderungen zu einer (rechtsbetonten) Volumenreduktion des Hippocampus kommen. [6] [7]
Der Hippocampus gehört - neben dem Bulbus olfactorius - zu den einzigen Regionen des Nervensystems, die in der Lage sind, von sich aus wieder neue Nervenzellen zu bilden (Neuroneogenese bzw. Fähigkeit zur Neuroplastizität). Auch diese Fähigkeit zur Neuroneogenese scheint durch die schädigende Wirkung der Glucocorticoide im Stress bei Depressionen beeinträchtigt zu sein.
Die beschriebenen Veränderungen bei Depressionen gelten andererseits gerade wegen der Fähigkeit des Hippocampus zur Regeneration wiederum als reversibel. Sie lassen sich durch Gabe bestimmter Medikamente (wie z.B. Lithium und bestimmter Antidepressiva) positiv beeinflussen. [8]
Transmittersysteme, wie das Serotonin- oder Noradrenalinsystem haben im Hinblick auf die Genese von Depressionen nach neueren Erkenntnissen vor allem eine modulierende Wirkung auf emotional gefärbte psychosoziale Stressreaktionen. Dabei wird z.B. durch einen reduzierten Serotoninmetabolismus die adäquate biologische Bewältigung der (Stress-)Gefühle Angst und Aggression beeinträchtigt. Man geht inzwischen davon aus, dass aufgrund mangelnder Serotonin-Transporter in den Bahnen zwischen limbischen und kortikalen Zentren infolge einer kurzen Variante des Serotonin-Transporter-Gens [9] - im Sinne einer „gene-by-environment interaction“ - die Verarbeitungsmöglichkeit für sozial emotionale Stressreaktionen herabgesetzt ist. Dies führt über eine stressbedingte erhöhte Erschöpfbarkeit zur Entwicklung einer depressiven Stmmung. Auch die Stimulierung der CRF-Ausschüttung im Stress wird über serotonerge Bahnen geregelt.
Im Zusammenhang mit den aktuellen Erklärungsmodellen zur Genese von Depressionen beschäftigt sich die pharmakologische Forschung bei der Suche nach neuen wirksamen Substanzen zur Angst- und Depressionsbehandlung mit der Wirkung der sogenannten CRF-Typ 1-Antagonisten (wie Astressin [10], Antalarmin [11])
Das Erklärungsmodell von Depressionen als Maladaptation bei chronischen Stresseinflüssen rechtfertigt vielfältige therapeutische Einflussmöglichkeiten vor allem auf die subjektiv dispositionellen Faktoren von Stresserleben und Stressbewältigung [12]. Im Vordergrund steht dabei allgemein die Stärkung der Resilienz einer Person.
Physiologische Ursachen
Ein biogener Auslöser ist der Mangel an Tageslicht. Bei der so genannten
saisonalen (auch: Winter- oder Herbstdepression (siehe oben)) treten durch
zu wenig Sonnenlicht regelmäßig über die Wintermonate depressive
Symptome auf, die im Frühjahr wieder abklingen.
Medikamente als Auslöser
Zu nennen sind Malaria-Prophylaxe-Präparate,
Betablocker, Interferon und die in Antibabypillen enthaltenen Gestagene.
Psychosoziale Faktoren
Verluste (Partner, Angehörige, gewohnte Umgebung) können eine
depressive Episode auslösen, sofern die genetische Disposition besteht.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass, nachdem eigengesetzlich bereits einmal
eine depressive Episode mit Störung der Neurotransmitter aufgetreten
war, erneute depressiven Episoden gebahnt sind, d.h. psychische Belastungen
stoßen eine praeformierte Neurotransmitter-Entgleisung an.
Häufig nennt der Patient als Ursache seiner Erkrankung vorhandene, z. T. schon sehr lange bestehende Konflikte. Seien die behoben, wäre er wieder gesund. In der Regel verwechselt der Patient dabei Ursache und Wirkung. Nach Abklingen der depressiven Episode wird die Belastung wie schon vor der depressiven Erkrankung ertragen und bewältigt, ja meist als Belastung gar nicht mehr bezeichnet und als Gegebenheit akzeptiert.
Menschen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leiden, haben oft auch eine chronisch endogene Depression.
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Psychologische Theorien zur Depressionsentstehung
Erlernte Hilflosigkeit
Nach Seligmans Depressionsmodell werden Depressionen
durch Gefühle
der Hilflosigkeit bedingt, die auf unkontrollierbare, aversive Ereignisse
folgen. Entscheidend für die erlebte Kontrollierbarkeit von Ereignissen
sind die Ursachen, auf die die Person ein Ereignis zurückführt.
Nach Seligman führen Attributionen aversiver Ereignisse auf internale,
globale und stabile Faktoren zu Gefühlen der Hilflosigkeit, die wiederum
zu Depressionen führen. Mittels Seligmans Modell lässt sich die
hohe Komorbidität zu Angststörungen erklären: Allen Angststörungen
ist gemein, dass die Personen ihre Angst nicht oder sehr schlecht kontrollieren
können, was zu Hilflosigkeits- und im Verlauf der Störung auch
zu Hoffnungslosigkeitserfahrungen führt. Diese wiederum sind, laut Seligman,
ursächlich für die Entstehung von Depressionen.[13]
Kognitionen als Ursache
Im Zentrum von Becks Depressionsmodell stehen kognitive
Verzerrungen der Realität durch den Depressiven. Ursächlich dafür sind, laut
Beck, negative kognitive Schemata oder Überzeugungen, die durch negative
Lebenserfahrungen ausgelöst werden. Kognitive Schemata sind Muster,
die sowohl Informationen beinhalten als auch zur Verarbeitung von Informationen
benutzt werden und somit einen Einfluss auf Aufmerksamkeit, Enkodierung und
Bewertung von Informationen haben. Durch Benutzung dysfunktionaler Schemata
kommt es zu kognitiven Verzerrungen der Realität, die im Falle der depressiven
Person zu pessimistischen Sichtweisen von sich selbst, der Welt und der Zukunft
führen (negative Triade). Als typische kognitive Verzerrungen werden
u.a. willkürliche Schlüsse, selektive Abstraktion, Übergeneralisierungen
und Über- oder Untertreibungen angesehen. Die kognitiven Verzerrungen
verstärken rückwirkend die Schemata, was zu einer Verfestigung
der Schemata führt. Unklar ist jedoch ob kognitive Fehlinterpretationen,
bedingt durch die Schemata, die Ursache der Depression darstellen oder
ob durch die Depression kognitive Fehlinterpretationen erst entstehen.[13]
Verstärkerverlust
Nach dem Depressionsmodell von Lewinsohn, das auf
der behavioristischen Lerntheorie beruht, entstehen Depression aufgrund einer
zu geringen Rate
an verhaltenskontingenter Verstärkung; die depressive Person befindet
sich danach unter Löschbedingungen. Nach Lewinsohn hängt die Menge
positiver Verstärkung von der Anzahl verstärkender Ereignisse,
von der Menge verfügbarer Verstärker und von den Verhaltensmöglichkeiten
einer Person ab, sich so zu verhalten, dass Verstärkung möglich
ist.[13]
Psychoanalytische Ansätze
In der Psychoanalyse gilt die Depression
als eine gegen sich selbst gerichtete Aggressivität. Als psychische Ursachen für die Depression werden,
besonders von psychoanalytisch orientierten Psychologen wie Heinz Kohut und
Donald W. Winnicott, auch dysfunktionale Familien beschrieben. Hier sind
die Eltern mit der Erziehungsarbeit überfordert, und von den Kindern
wird erwartet, dass sie problemlos „funktionieren“, um das fragile
familiäre System nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Besonders Kinder,
die auf solch eine Überforderung mit der bedingungslosen Anpassung an
die familiären Bedürfnisse reagieren, sind später depressionsgefährdet.
Als handlungsleitendes Motiv kann nun das ständige Erfüllen von
Erwartungen entstehen. Die so entstandenen Muster können lange auf einer
latenten Ebene bleiben, und beispielsweise durch narzisstische Größenphantasien
oder ein Helfersyndrom kompensiert werden. Erst wenn die depressive Überforderung
ein nicht mehr erträgliches Maß erreicht, wird aus der latenten
eine manifeste Depression.
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Therapie der Depressiven Störung / Depression
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Allgemeines
* Hautzinger, M., & de Jong-Meyer, R. (2003). Depressionen. In: Reinecker,
H. (Hrsg.). Lehrbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie. Göttingen:
Hogrefe.
* Blöschl, L. (1998). Depressive Störungen. In: Baumann, U. & Perez,
M. Lehrbuch Klinische Psychologie, Bern: Huber.
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Therapie
Mentzos, Stavros (1995). Depression und Manie. Psychodynamik und Therapie
affektiver Störungen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
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Literatur
für Betroffene und Angehörige
Studie:
Antidepressiva haben kaum Wirkung
Antidepressiva
wirken nicht besser als Placebo
Gesundheitsbehörden
warnen vor Antidepressiva
Hell
Daniel, Welchen Sinn macht Depression? Ein integrativer Ansatz
Die
Neue Medizin der Emotionen. Stress, Angst, Depression:Gesund werden ohne
Medikamente
Günter
Niklewski et al, Depressionen überwinden
Bevor der Job krank macht
Wenn das Leben zur Last wird
Depressionen
- Was Sie wissen sollten. Antworten auf die häufigsten Fragen
Wenn der Mensch, den du liebst, depressiv ist. Wie man Angehörigen oder
Freunden hilft.
Schatten auf der Seele. Wege aus Depression und Angst.
Sie haben es doch gut gemeint. Depression und Familie
Und wo bleibe ich? Leben mit depressiven Menschen. Ein Leitfaden für Angehörige.
Seelenfinsternis. Die Depression eines Psychiaters.
Depression. Wege aus der dunklen Nacht der Seele
Depression. Die verkannte Krankheit
Grundformen der Angst. 4 CDs . Gekürzte Lesung
Depressiv?
Depression
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* „Depressionen“ CH 2002 Dokumentarfilm von Dieter Gränicher
* „SeelenSchatten“ CH 2002 Dokumentarfilm von Dieter Gränicher
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* Manfred Spitzer: Depression. RealVideo aus der BR-alpha-Reihe Geist und Gehirn. (ca. 15 Minuten)
Siehe auch
* Melancholie
* Befindlichkeitsskala
Weblinks
Wiktionary
Wiktionary: Depression – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme
und Übersetzungen
Hilfe
* Psychotherapeutensuche des BDP
* Psychotherapeutensuche des Deutschen Psychotherapeutenverbands
Allgemeine Informationen
* Kompetenznetz Depression
* Depri.ch – Informationen, Community, News
* Depressionen–Therapie–Forschung.de – umfangreiche Informationen,
u. a. mit Neuigkeiten aus Medizin und Forschung
* Viele Links und Ergebnisse von Studien
* Fragen & Antworten zu Depressionen und Behandlung
* Umfangreiche, vertiefende Informationen und Hintergründe
Spezielles
* Kompakter Grundlagenartikel über Depression bei Kinder und Jugendlichen
* Deutsche Gesellschaft für bipolare Störungen e.V. (bei Wechsel
von Manien oder Hypomanien und Depressionen)
* Psychotherapie der Depression Forschungsergebnisse: Leitlinien der DGPM.
Diagnostik, Behandlung, Wirksamkeit von Psychotherapie. (2002)
* An Analysis of Use of Prozac, Paxil and Zoloft in USA 1988--2002
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