Begriff und Definition
Ursprünglich aus dem Englischen «to stalk» (=
jagen, auflauern) abgeleitet, wird der Begriff «stalking» im
menschlichen Kontext als komplexe Form wiederholter Kontaktaufnahme
und Belästigung verstanden. Meloy (1995) hat
auch von «obsessional following» gesprochen.
Eine andere Definition
bezeichnet Stalking als
ein Verhalten, das charakterisiert ist durch häufiges
(von dieser) ungewolltes Eindringen in das Leben einer anderen Person.
Davis & Chipman (1997) verwiesen darauf, dass vor nicht
allzu langer Zeit Stalking als romantische
obsessive Avance gegenüber einer Person verstanden
wurde. Opfer von Stalking würden diese Verniedlichung
mit dem Term «romantisch» wohl von sich weisen.
In wissenschaftlichen Untersuchungen, wo eine Operationalisierung verlangt wird, ist auch eine Quantifizierung des Stalking-Verhaltens erforderlich.
James & Farnham
(2003) definieren Stalking wie folgt: « Mindestens 10-maliges
ungewolltes Eindringen respektive
Kommunikation in einer Periode von vier Wochen. Gleichzeitig bewirkt
das Verhalten Angst und Ablehnung
beim Opfer.»
Hier wäre also sowohl eine Verhaltenskomponente
als auch das Resultat des Verhaltens beim Opfer Teil der Definition.
Epidemiologie
In einer selektionierten Stichprobe in der Allgemeinbevölkerung
stellte Sheridan (2003) 12 bis 16 Prozent Frauen und 4 bis 7 Prozent
M änner als Opfer von Stalking fest.
Dressing et al. (2005) befragten eine mittelgrosse
Stadt in Deutschland mit 330 000 Einwohnern per Post.
Die Stichprobe ergab 12 Prozent weibliche und 3,7 Prozent männliche
Stalking-Opfer. Die Punktprävalenz
f ür die Wahrscheinlichkeit, Stalking-Opfer zu sein, beträgt 1,6 Prozent.
Davis & Chipman (1997) stellten fest, dass Frauen eine Lifetime-Prävalenz von zirka 5 Prozent aufweisen. Sie stellten auch fest, dass 90 Prozent aller Frauen, die von Partnern beziehungsweise von Expartnern umgebracht werden, zuvor Stalking-Opfer waren.
Anders präsentiert sich
das Profil der Stalker selber.
James & Farnham (2003) untersuchten in einer grösseren Stichprobe
Stalker im Grossraum von Nordlondon. Sie stellten fest, dass im ganzen
Sample 30 bis 40 Prozent aller Stalker gewalttätig wurden, die
Mehrheit nicht. 2 Prozent der Stalker begingen auch Mord.
In einer
Studie an annähernd 10 000 Erwachsenen erforschten
Basile et al. (2006) Prävalenzencharakteristika.
Sie stellten fest, dass 4,5 Prozent der Erwachsenen über 18 Jahren,
jemals Opfer von Stalking geworden
sind, davon 7 Prozent Frauen und 2 Prozent Männer.
Als gefährliche Tage
identifizierten Davis & Chipman in
der Öffentlichkeit anerkannte Festtage wie den Valentinstag, den 4. Juli
(in den USA) sowie Weihnachten. An
diesen Tagen erhalten Stalking-Opfer häufig Geschenke, ohne jedoch deren Sinn und Bedeutung wirklich verstehen
zu können.
Arten des Stalkings
James & Farnham (2003) untersuchten gewalttätige Stalker.
Dabei stellten
sie fest, dass nur 12 Prozent es bei einer
Form von Stalking bewenden
liessen, 38 Prozent wendeten mehrere
Arten und Formen des
Stalkings an. Durchschnittlich
wurden drei Stalking-Formen verwendet.
In fast allen Fällen wurde ein persönlicher Kontakt zum
Opfer gesucht, wie Verfolgen, Annähern oder an der Arbeit oder
zu Hause besuchen. Mit Briefen und Telefonaten
wurde in zirka 50 Prozent der F älle
Kontakt gesucht, 37 Prozent umfassten Eigentumsbeschädigung,
18 Prozent unerwünschte Geschenke.
95 % Verfolgen, Annähern an der
Arbeit oder zu Hause besuchen
68 % Ungewollte Kommunikation
51 % Briefe
56 % Telefonate sowie E-Mails, Notizen
37 % Eigentumsbeschädigung
18 % Unerw ünschte Geschenke
71 Prozent der Arten umfassten auch verbale und/oder schriftliche Drohungen. In 24 Prozent der Fälle wurden geladene Waffen gebraucht. 28 Prozent der Täter trugen Messer.
Charakteristika der Stalker
In einer Übersicht von James & Farnham (2003) wird das
Profil der Stalker mit schwerer Gewaltanwendung anhand deren demografischen
Merkmalen erstellt.
Es sind somit eher jüngere Männer in den frühen Dreissigern,
welche über keine Berufsqualifikation verfügen, arbeitslos
und alleinstehend sind, die das Risikoprofil prägen.
Bemerkenswert ist auch, das 43 Prozent der Täter
zum Zeitpunkt der Tat bereits vier Jahre lang in
psychiatrischer Behandlung oder zumindest im Kontakt mit der Psychiatrie,
waren.
James & Farnham versuchten in der Folge auch, einen
Zusammenhang zwischen schwerer Gewalt und weiteren
Merkmalen herzustellen.
Als erstaunlich wenig mit schwerer Gewalt assoziiert erwiesen sich
frühere Verurteilungen
(dies sogar in negativer Korrelation) sowie
frühere Verurteilungen wegen Gewalt gegen andere, Substanzmissbrauch
in der Vorgeschichte sowie ein aktueller Substanzmissbrauch. Ebenso
waren Persönlichkeitsstörungen
nicht mit schwerer Gewalt in diesem Kontext assoziiert.
Leicht erhöht war das Risiko im Falle
von Arbeitslosigkeit, ebenso war das männliche Geschlecht ein mittelstarker Prädiktor.
Stark prädiktiv waren
die beiden Variablen Expartner des Opfers (3,15-fach
erh öht) sowie gegenwärtig depressiv (3,37-fach erhöht).
Zona
(zitiert nach Davis & Chipman, 1997) nahm eine
Typologie der Täter vor. Er unterschied Erotomanen,«
love obsessionals» sowie die Kategorie der «weiteren Stalker».
Erotomane, welche tatsächlich einen Liebeswahn
aufweisen, umfassen dabei 10 Prozent, von der
Liebe Besessene, welche die Belästigung tätigen, um die Aufmerksamkeit
des Opfers zu gewinnen, 43 Prozent der Täter.
Unter der Kategorie «weitere Stalker» sind auch ehemalige
Partner der Opfer subsummiert. Sie machen
47 Prozent aller Stalker aus.
Mullen (1999) unterschied 5 Arten von Stalkern.
Es sind
dies:
* zurückgewiesene Expartner
* Erotomanen
* sozial Inkompetente
* Rachsüchtige
* Bedrohliche
Dressing et al. (2002) nahmen eine dreidimensionale Einteilung vor. Diese umfasst die Dimensionen «Psychopathologie» , «Beziehung» und «Motivation». Jede der drei Dimensionen nach Dressing ist dabei dreifach gestuft
In vier Studien wurde der Zusammenhang
zwischen erfolgter Gewaltanwendung und früheren Ereignissen und Taten
untersucht.
Eine statistisch signifikante Korrelation besteht zwischen Gewaltanwendung
in der Gegenwart und einer früheren Intimbeziehung.
Dieser Zusammenhang erwies sich in verschiedenen Studien als der
stärkste und
valideste.
Charakteristika der Stalker mit schwererGewaltanwendung
Alter 18 bis 67 (Durchschnitt: 34,4 ± 10,6)
49 % keine Berufsqualifikation
42 % Berufsausbildung
9 % Universitätsabschluss
74 % arbeitslos
26 % angestellt
76 % Single
6 % verheiratet
18 % getrennt oder geschieden
52 % hatten irgendwann einmal Kontakt mit Psychiatrie
43 % waren zum Zeitpunkt der Tat in Kontakt mit der Psychiatrie – durchschnittlich
4 Jahre
Mullen et al. (1999) erstellten auch ein Risikoprofil für Gewalt
im Rahmen von Stalking.
Sie stellten fest, dass unter allen
Stalking-Tätern eine Vorgeschichte mit kriminellen
Taten, vor allem Gewalt- und Sexualdelikten, männliches
Geschlecht, Bedrohung des Opfers, Persönlichkeitsstörung, Verfolgung
eines ehemaligen Intimpartners, Arbeitslosigkeit und soziale Isolation
als Prädiktoren dienen.
Sie kamen zum Schluss, dass das Stalking-Risk-Profil ähnlich jenem
des allgemein
anerkannten Profils für Gewalttaten ist.
Meloy (2002) identifizierte
drei Variablen, die er als
starke Prädiktoren für Taten gegen die Person oder das
Eigentum der Person erachtete.
Es sind dies:
1. Frühere Verurteilung wegen Kriminalität
2. Substanzmissbrauch
3. Frühere sexuelle Intimität mit dem Opfer.
Er stellte ausserdem fest, dass Gewalt gegen das Eigentum und gegen
die Person letztlich eine homogene
Grösse darstellt, das gleiche Set von prädiktiven Faktoren
umfasst.
Davis & Chipman (1997) haben die Typologie von Mullen
ergänzt um die Qualitäten:
* Beziehung zum Opfer
* Psychische Probleme des Täters
* Die Wahrscheinlichkeit der Gewalt.
Bedrohungsprofil nach Davis & Chipman (1997)
Typ des Stalkers | Beziehung zum Opfer | psychische Probleme | Wahrscheinlichkeit der Gewalt | Erläuterung |
I |
keine |
viele |
gering |
Typ-I-Stalker wählen eine vollkommen unbekannte Person zu ihrem Zielobjekt. |
II |
keine |
viele |
gering |
Typ-II-Stalker wählen bekannte Persönlichkeiten als Opfer. |
III |
keine / flüchtig |
mässig |
mittelstark |
Typ-III-Stalker werden auch «Single Issue Targeting Stalker» genannt.
Sie wählen ihr Opfer aus aufgrund eines Berühungspunktes, den sie im realen Leben einmal hatten. Daraus entsteht dann eine pathologische Bindung. |
IV |
flüchtig |
mässig |
mittelstark** |
Typ IV sind Stalker, bei denen Liebe das Motiv darstellt. Sie entwickeln ihr Verhalten ausgehend von einer Zufallsbekanntschaft. In der Fantasie entsteht ein Gebäude, dem dann die Taten folgen. |
V |
lose bekannt |
mässig |
mittelstark |
Typ V sind Stalker, bei denen Liebe das Motiv darstellt. Sie sind sogenannte Mitarbeiter-Stalker. Sie misskonstruieren alle Kontakte, die sie haben.**** |
VI |
intim |
leicht |
hoch |
Typ VI schliesslich umfassen Täter, die zu einem früheren
Zeitpunkt eine Intimbeziehung zum Opfer hatten. Typ-VI-Stalker gehen davon aus, dass die Beziehung nicht zu Ende ist, das Ende wird geleugnet. Auch eine Rückweisung ist für sie inakzeptabel. |
VII |
intim |
leicht |
sehr hoch |
VII schliesslich umfassen Täter, die zu einem früheren
Zeitpunkt eine Intimbeziehung zum Opfer hatten. Typ-VIIStalker sind solche, die bereits in der Vorgeschichte durch häusliche Gewalt aufgefallen sind. Das zentrale Motiv ihrer Taten ist Kontrolle. Weil diese Stalker Teil des Lebens der Opfer waren, wird ihr Verhalten häufig auch von Nachbarn nicht als das wahrgenommen, was es ist, was den Opferkontakt erheblich erleichtert. Die Autoren erwähnen im Kontext der Gewalt, die von diesen Tätern ausgeht, das Shakespeare-Zitat «what’s past, is prologue». Das heisst, die Gewalt, die sie in der Vergangenheit ausübten, ist nur das Vorspiel der massiven Gewalt, die sie dann im Rahmen ihres Stalking-Verhaltens zeigen. Bemerkenswert an diesem Bedrohungsprofil ist sicherlich, dass psychische Krankheit eine deutlich geringere Bedrohung ausmacht als eine relative psychische Gesundheit. |
** | Wenn die Opfer Kinder oder Adoleszente sind, ist das Risiko sehr hoch |
*** | Die Autoren weisen darauf hin, dass hier häufig Workaholics zu finden sind. Sie sind in ihrer zwischenmenschlichen Kontaktgestaltung ärgerlich und paranoid-misstrauisch zugleich und vermögen wenig Unterscheidung zwischen persönlichem und privatem Leben einerseits und beruflichem Leben auf der anderen Seite zu machen. Jenseits ihres Stalking-Verhaltens werden sie als vollkommen normal und rational wahrgenommen. |
Je weniger psychische Probleme die Täter haben,
umso gefährlicher sind sie. Je näher sie dem Opfer jemals
gestanden haben, umso gefährlicher sind sie, und je eher sie früher
Gewalt angewendet haben, umso grösser ist die Wahrscheinlichkeit,
dass sie es auch in der
Gegenwart tun.
Merkmale der Opfer
Basile et al. (2006) beschreiben an ihrer grossen Stichprobe
die Merkmale, die das Opferprofil ausmachen. Nie Verheiratete sind gefährdeter
als solche, die gegenwärtig
verheiratet oder in Partnerschaft sind.
Noch stärker gefährdet sind solche, die getrennt, verwitwet
oder geschieden
sind. Ein Alter über 55 ist insofern protektiv, als
ab diesem Alter Opfer kaum mehr gestalkt werden.
Als protektiv erwies es sich auch, Afroamerikaner zu sein. Diese
Immigranten haben ein deutlich geringeres Risiko, Opfer von Stalking zu werden.
Haugart (2003) stellte fest, dass «undergraduates» eine
deutlich erhöhte Inzidenz unter den Opfern aufwiesen.
Michael Zona
(1997) untersuchte
die Merkmale von Stalking-Opfern im Grossraum
Los Angeles. Die nächste Tabelle zeigt die vier von ihm vorgenommenen
Kategorien.
38% |
normale Bürger |
13% |
früherer Arbeitgeber |
32% |
wenig bekannte Person aus dem Bereich Unterhaltung/ Kommunikation |
17% | weit herum bekannte Persönlichkeiten |
Merkmale der Beziehung zwischen Täter und Opfer
Zona (1997) beschreibt, dass in 50 Prozent aller Stalking-
Fälle Expartner respektive Exlover das Stalking-Verhalten
zeigten.
Dressing et al. (2006) stellten fest, dass 32 Prozent der
Opfer von früheren Intimpartnern verfolgt wurden.
Berufsfachleute,welche eine enge Beziehung zu den Klienten
haben, weisen ein erhöhtes Risiko auf. Hierzu gehören Anwälte, Ärzte,
Pflegefachpersonal und Lehrer.Psychiater und Psychologen haben nochmals ein höheresRisiko.
Kowalenko
(2005) untersuchte alle in Michigan tätigen
Notfallärzte.
74,9 Prozent hatten im Rahmen ihrer Tätigkeit respektive danach schon verbale Drohungen erlitten,
28,1 Prozent tätliche Angriffe, und
3,5 Prozent waren
Opfer von Stalking geworden.
Galeatti (2005) untersuchte
alle 475 in der Provinz Modena tätigen «Mental Health Professionals» (Psychiater und Psychologen).
34 Prozent waren in irgendeiner Form belästigt worden,
11 Prozent davon waren Opfer von Stalking gewesen.
James& Farnham (2003) untersuchten die Beziehung zum Opfer
(nächste Tabelle).
Erneut weisen MHP hier ein verhältnismässig hohes Risiko auf, zu
Opfern von Stalking zu werden.
Anzufügen
ist, dass die Studie von James & Farnham Opfer von schwerer Gewalt untersuchte.
Nicht überraschend ist, dass auch hier frühere Intimpartner die
Rangliste anführen.
Integration
Die vorstehend referierten Befunde scheinen teilweise,
widersprüchlich. Womit hat das zu tun?
Es scheint, dass Stalking-Verhalten einerseits und Stalking
mit schwerer Gewalt nicht eine normale Progredienz
aufweist, sondern wie einer anderen Kategorie entstammt.
James & Farnham (2003) äussern sich dahingehend, dass der
Zusammenhang zwischen Stalking und
schwerer Gewalt ein anderer ist als mit Gewalt an sich oder mit leichter
Gewalt. Schwere Gewalt hat ein anderes Profil, das eines katastrophalen Ereignisses, welches
Menschen ohne Vorgeschichte mit Kriminalität oder Verurteilung,
die sozial integriert sind (d.h. eine Stelle
haben), in ihren Strudel zieht.
Bei diesen Tätern besteht auch ein starker Zusammenhang mit psychischer
Störung, hier mit Depression.
Schwere Gewalt ist somit im Kontext von Stalking nicht eine «normale
Progression ».
Die untenstehende Tabelle stellt Stalker mit schwerer Gewalt und Stalker allgemein einander gegenüber:
Stalker mit Gewalt | Stalker ohne Gewalt | |
"Erotomane" | ||
«Love obsessional» | ||
«Simple obsessional» | ||
Es zeigt sich hier eine leicht andere Verteilung, die allerdings
die qualitativen Überlegungen von James & Farnham
nicht eindeutig ableiten lässt. In einer multivariaten
Analyse stellten sie fest, dass im Falle von schwerer Gewalt im Kontext von Stalking vor allem das Auftauchen
am Wohnort des Opfers ein massiver Risikofaktor ist.
Hier beträgt die «odds ratio» 52,6, dies signalisiert ein
enormes Gefährdungspotenzial. Atypisch im Vergleich
zu sonstigen Stalking-Taten ist auch, dass die Dauer des Stalkings relativ kurz ist. Jeder Monat, den das Stalking
dauert, verringert bei diesen Tätern das Risiko um den
Tabelle 6:
Merkmale der Opfer
(Michael Zona, zitiert nach Davis & Chipman, 1997)
38% normale Bürger
13% früherer Arbeitgeber
32% wenig bekannte Person aus dem Bereich Unterhaltung/
Kommunikation
17% weit herum bekannte Persönlichkeiten
Tabelle 7:
Beziehung zum Opfer
(James & Farnham, 2003)
37% frühere IntimpartnerIn
43% Bekannte, davon 17% Mental Health Professionals
(MPH)
18% Fremde
20% geschlechtsgleich
15% Männer
5% Frauen
Tabelle 8:
Gegenüberstellung Stalker mit und ohne Gewalt
Stalker mit Gewalt Stalker ohne Gewalt
James & Farnham (2006) Zona (1997)
«
Erotomane» 3,5% 10%
«
Love obsessional» 37,5% 43%
«
Simple obsessional» 59% 47%
Ü bersicht
27
Psychiatrie 2•2007
Faktor 0,85. Hier zeigt sich ein verschiedenes, das heisst
inverses Gefährdungsrisiko. Gemeinsam mit Gewalt im
Kontext von Stalking an sich ist, dass eine frühere Intimbeziehung
zum Opfer und mehrere Stalking-Methoden
das Risiko einer schweren Gewalttat erhöhen. Dabei
scheint es auch, dass Ärger, der in einer raschen Eskalation
mündet, stark situativ geprägt ist.
Meloy (2005) wies noch auf ein weiteres Phänomen hin,
das sich atypisch präsentiert. Währenddem Frauen deutlich
seltener als Stalker tätig werden, so weisen sie,
wenn sie einmal Stalking begonnen haben, den grösseren
Anteil an interpersoneller Gewalt aus. Bei 25 Prozent
aller weiblichen Stalker konnte interpersonelle Gewalt
festgestellt werden. Falls das Stalking-Verhalten sich
gegen frühere Intimpartner richtete, so war bei Frauen
sogar in mehr als 50 Prozent der Fälle Gewalt im Spiel.
Stalker leben in einer emotional geladenen Welt, in einer
Welt, die voller Symbole und Zeichen ist, welche das Opfer
ihnen sendet. Ein Stalker will mehr als Freundschaft,
er will das Bedeutendste im Leben des Opfers sein. Sein
Verhalten orientiert sich daran, es zu werden. Dass
frühere Intimbeziehungen hierfür einen Risikofaktor darstellen,
zeigt auch die neuere Studie von Roberts (2005).
Er untersuchte 220 Studentinnen, die Stalking-Opfer waren.
36 Prozent von ihnen wurden Opfer im Kontext der
Beendigung einer romantischen Beziehung. ¦
PD Dr. phil. Ernst Hermann
Privatdozent für Klinische Psychologie
und Psychotherapie an der Universität Basel
Psychiatrische Klinik Meissenberg, Zug
Interessenkonflikte: keine
Literatur:
1. Basile, K.C., Swahn, M.H., Chen, J., Saltzmann, L.E.: Stalking in the
United States. Am. J. Prev. Med., 2006, 31, 172–175.
2. Davis, J.A., Chipman, M.A.: Stalkers and other obsessional types:
a review and forensic psychological typology of those who stalk. J. of
Clinical Forensic Medicine, 1997, 4, 166–172.
3. Dressing, H., Kuehner, C., Gass, P.: The epidemiology and characteristics
of stalking. Current opinion in Psychiatry, 2006, 19, 395–399.
4. James, D.V., Farnham, F.R.: Stalking and serious violence. J. Am.
Acad. Psychiatry Law, 2003, 31, 432–439.
5. Kuehner, Ch., Gass, P., Dressing, H.: Increased Risk of mental disorders
among lifetime victims of stalking. European Psychiatry, 2006, 9,
1–4.
6. Logan, T.K., Shannon, L., Cole, J., Walker, R.: The impact of Differential
Patterns of physical violence and stalking on mental health.
Violence against Women, 2006, 12, 866–886.
7. Meloy, J.R., Boyd, C.: Female Stalkers and their Victims. J. Am. Acad.
Psychiatry Law, 2003, 31, 211–219.
8. Phillis, R.T.M.: Assessing Presidential Stalker. J. of the Am. Acad.
Psychiatry Law, 2006, 34 (2), 154–164.
9. Purcell, R., Pathé, M., Mullen, E.: Association between stalking
victimisation and psychiatry morbidity in a random community sample.
British J. of Psychiatry, 2005, 187, 416–420.
10. Schlesinger, L.B.: Celebrity Stalking, Homicide and Suicide: A psychological
Autopsy. Int. J. of Offender Therapy and Comparation Criminology,
2006, 50 (1), 39–46.
Links: